Holy Brands - Wenn Marken Heilige werden.

Holy Brands - Wenn Marken Heilige werden.

München, den 12.08.2021
Autor: Andreas Wiehrdt
Titel: Photo by Ben White on Unsplash

Dieser einfache Baustein aus gebranntem Lehm wird zurzeit auf Ebay für fast 900 USD angeboten (Foto:https://stockx.com/).

Wie kann es eigentlich sein, dass ein Backstein plötzlich 900 USD wert ist, nur weil er das ikonische Supreme-Logo trägt? Oder ein einfaches Grillzubehör 495 €, weil man damit ein Gucci-Logo ins teure Wagu-Steak brennen kann?

Wieso sind wenige Marken in der Lage aus Sch... Gold zu machen (excuse my English!) nur weil sie profane Alltagsgegenstände mit ihrem Logo adeln? Und wieso gelingt mir das mit meiner Marke eigentlich nicht?

Fragen über Fragen, die ich in diesem Beitrag sehr gerne beantworte. Ich schreibe hier über heilige Marken (Holy Brands) als Steigerung von Love Brands (»Love Brands on Steroids«) und versuche ein paar Tipps zu geben, wie es gelingen kann, auch aus eurer Marke zunächst eine Love Brand und dann mit etwas Glück eine Holy Brand zu machen.

Was ich unter einer Love Brand verstehe und wie man eine Marke zur Love Brand macht, habe ich schon in meinem Beitrag »Wie man zur Love Brand wird beschrieben. Heute gehen wir noch einen Schritt weiter. Schließlich muss man sich ambitionierte Ziele setzen.

Der Supreme-Gründer James Jebbia (Foto: Daniel Marchand).

Aber zunächst zurück zu Supreme. Supreme wurde 1994 von James Jebbia in New York City gegründet, zunächst als Skateboard- und Streetwear-Marke. Das ikonische Supreme-Logo mit dem weißen Schriftzug auf rotem Grund basiert wohl auf Barbara Krugers Propagandakunst.

Das ikonische Supreme-Logo. Auf ein profanes Produkt gedruckt, kann es dessen Wert um ein Vielfaches steigern.

Supreme ist berühmt für seine legendären »Drops«, regelmäßige Veröffentlichungen von stark limitierten Produkten, oft in Kooperation mit anderen Marken und immer mit dem prominenten Supreme-Logo., die häufig bereits nach Sekunden(!) komplett ausverkauft sind. Verknappung schafft Begehrlichkeit und treibt die Zweitmarktpreise der Supreme-Produkte in abenteuerliche Höhen. So wurden wohl beispielsweise 23.000 USD für ein rotes Supreme-T-Shirt mit dem Donald Trump Konterfei gezahlt!

Wohl eines der dekadentesten Produkte von Supreme: Mit der Cash Gun lässt sich prima Geld unter die Leute bringen. Aktuell für 250 E bei Ebay im Angebot. (Foto: Photo by Erik Mclean on Unsplash).

Wie hat es James Jebbia, der stille Mastermind hinter Supreme, geschafft, ein einst schmuddeliges Skater-Label in eine weltbekannte Holy Brand zu verwandeln?
Hier zu behaupten, dass es jemals Jebbias Vision gewesen wäre, mit Supreme einen globalen Modelkult zu schaffen, wäre wohl falsch. Der Haken an Holy- und Love Brands ist nämlich, dass es zwar hilft, zu verstehen, wie und warum solche begehrenswerten Marken grundsätzlich funktionieren, es aber immer auch einer guten Portion Fortune bedarf, um einen echten Hype um die Marke auszulösen.

Aber was können wir von Supreme lernen, das wir nutzen können, um auch unsere Marken ein Stück weit Begehrenswerter zu machen? Was sind Erfolgsfaktoren von Holy Brands?

Der unprätentiöse Supreme-Shop in Lower Manhatten hat wenig gemein mit den Shopping-Kathedralen anderer Premium-Brands (Foto: Photo by Charles Deluvio on Unsplash).

  • Authentizität Wenn man sich mit James Jebbias Aktivitäten rund um dem Auf- und Ausbau seiner Marke näher beschäftigt, kann man erkennen, dass Jebbias Label von Anfang an Street Credibility besaß. Ein durch und durch authentisches Label von einem Skater für Skater.

  • Bodenhaftung Auch wenn Supreme heute ein milliardenschweres Unternehmen ist, scheint Jebbia nie die Bodenhaftung und den Kontakt zur Skateboarder-Szene verloren zu haben. Ich selbst war in einem völlig unprätentiösen Supreme Shop in Manhatten, der so gar nichts mit den Luxus-Label-Stores in den Highstreets der Metropolen gemein hatte.

  • Mythen Markenfans lieben Geschichten. Egal ob wahr oder nicht. Geschichten rund um die Marke, deren Gründer oder deren Gründung oder berühmten Kunden, die man sich als »Insider« weiter erzählt und die eine Marke noch interessanter machen. Um den Supreme-Gründer ranken sich viele Geschichten, Weltstars zeigen sich mit limitierten Supreme-Produkten, Kunst- und Popkulturgrößen wie Damien Hurst, Lady Gaga und Jeff Koons gestalten Supreme-Produkte und die genauen Termine der Drops werden nur unter vorgehaltener Hand unter engsten Freunden kolportiert. (Mehr über die Bedeutung von Mythen für den Aufbau starker Marken auch in meinem Blogbeitrag »Wie ein guter Stammbaum Marken zu mehr Erfolg verhilft.«)

Diese Stone Island Weste mit Supreme-Logo soll nach exakt 3,3 Sekunden ausverkauft gewesen sein (Foto: Supreme).

  • Verknappung
    Die alte Empfehlung »Willst du was gelten, mach dich selten.« gilt auch für Holy Brands. Je schwerer es die Marke seinen Jüngern macht, sie zu konsumieren (zum Beispiel über eine limitierte Auflage der Produkte oder eine extrem hohe Preisschwelle), umso begehrlicher wird die Marke. Auf die begehrte grüne Rolex Submariner Date Oystersteel, genannt »Hulk« warten selbst gute Kunden aktuell mindestens 5 Jahre, um dann ca. 9.000 € dafür zahlen zu dürfen. Die Stone Island Westen mit Supreme-Logo sollen schon nach exakt 3,3 Sekunden ausverkauft gewesen sein!

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Der Supreme x Louis Vuitton Malle Courrier 90 Koffer ist mit 125.000 $USD der teuerste Supreme-Artikel der Welt. (Foto: Supreme).

Diese (künstliche) Verknappung führt dazu, dass Supreme-Artikel auf dem Zweitmarkt unvorstellbare Preise erzielen. So soll beispielsweise der Supreme x Louis Vuitton Malle Courrier 90 Koffer bei einer Auktion des Auktionshaus Christie's für unvorstellbare 125.000 $USD den Besitzer gewechselt haben und ist damit aktuell der teuerste Supreme-Artikel der Welt.

  • Respekt und Ehrfurcht Um von den Marken-Jüngern »heiliggesprochen« zu werden, muss die Marke zunächst einmal respektiert werden. Ohne Respekt keine Ehrfurcht und erst Recht keine Heiligsprechnung. Dabei müssen Holy Brands übrigens nicht immer und unbedingt unverschämt teuer sein, wie viele Supreme-Artikel. Manchmal können auch ganz profane Marken für Menschen zu Holy Brands werden. Oft, weil wir bestimmte eigene Geschichten, schöne Kindheitserlebnisse und besonders eindrucksvolle Erlebnisse mit diesen Marken verbinden. So berichtet Procter & Gamble, dass junge Konsumenten, die gerade ihre erste eigene Wohnung beziehen, häufig Lenor-Weichspüler kaufen, weil sie der besondere Duft an ihre Kindheit und ihr Zuhause erinnert. Für sie ist Lenor mindestens eine Love-, wenn nicht sogar eine Holy Brand.

Wann wird eine Marke eigentlich zu einer Holy Brand?
Love Brands, die Vorstufe zur Holy Brand, definieren sich über viel Respekt und viel Liebe seitens ihrer Markenfans. Holy Brands (andere sprechen auch von Sacred Brands) gehen noch einen Schritt weiter. Ihre treuen Kunden, wir sollten hier besser von Anhängern oder Jüngern sprechen, behandeln ihre Marke, wie Gläubige ihren Gott. Die Marke wird bedingungslos verehrt und gegenüber Kritikern verteidigt. Man verzeiht der Marke fast alles und ist bereit, für deren Produkte und Leistungen fast jeden Preis zu zahlen. Die Anhänger der Marke fühlen sich untereinander verbunden und erkennen sich am Besitz der meist ikonischen Produkte. Vielen gibt diese recht einseitige Anhängerschaft ein Gefühl von Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe und erzeugt Erfolgs- und Glücksgefühle. Erst wenn die Marke schwere Fehler macht oder wenn deren Jünger ihre eigene Verblendung erkennen, verlieren diese Marken an Bedeutung. Manchmal stürzen sie dann unerwartet sehr schnell sehr tief.

Love Brands sind die Vorstufe zu Holy Brands (Abbildung: BrandDoctor).

Beispiele für Holy Brands sind neben den bereits genannten Supreme, und Rolex auch Porsche, Louis Vuitton, Gucci u. v. m. Aber auch Ferienregionen wie Sylt, Saint Tropez oder die Malediven und sogar Fußballvereine können Holy Brands werden und werden von ihren Jüngern nicht nur bedingungslos verehrt, sondern auch bis aufs Blut gegen Kritiker verteidigt.

Zusammengefasst:

  • Holy Brands sind die konsequente Weiterentwicklung von respektierten Marken und Love Brands.

  • Holy Brands kann es gelingen, unvorstellbare Wertschöpfung selbst aus profanen Produkten und Dienstleistungen zu generieren.

  • Auch wenn man bestimmte gemeinsame Erfolgsfaktoren bei vielen Holy Brands identifizieren kann, sind deren konsequente Umsetzung leider kein Garant dafür aus jeder Marke eine Holy Brand machen zu können.

  • Trotzdem kann jeder Markenverantwortliche aus der Beobachtung von erfolgreichen Holy Brands viel für die eigene Markenführung lernen.

Selbst der BrandDoctor ist nicht in der Lage euch ein Erfolgsrezept auf eine Holy Brand auszustellen. Aber gemeinsam können wir eure Marke auf Potenzial zur Love- und vielleicht sogar zur Holy Brand hin überprüfen. Gemeinsam können wir Erfolg versprechende Strategien entwickeln, die es eurer Marke ermöglichen, Schritt für Schritt mehr Respekt und mehr Liebe von immer mehr Kunden zu gewinnen.


Der BrandDoctor hilft bei wichtigen Markenentscheidungen mit Tragweite.
Als BrandDoctor helfe ich Unternehmern, Gründern und Marketingverantwortlichen sowie Marken- und Designagenturen dabei, ihre wichtigen Marken- und Marketingentscheidungen professionell und Erfolg versprechend zu treffen. Mit innovativen Tools unterstütze ich sie, das wichtige strategische Fundament dafür zu legen, mit ihren Marken nachhaltig erfolgreich am Markt zu agieren.

Über den Autor: Andreas Wiehrdt entwickelt und revitalisiert Marken seit über 20 Jahren. Alleine, als Markenstrategieberater oder im Team mit erfahrenen Spezialisten aus seinem Kompetenznetzwerk.

Andreas Wiehrdt

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